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Second Life und Geschlechterrollen

Während auf Telepolis die Diskussion um Geschlechterrollen brodelt, habe ich in Second Life mal wieder live die Auflösung eben dieser Rollen erlebt.

Wer das Buch gelesen hat, weiß, dass ich einen männlichen Alt habe, aus dem ich auch kein Geheimnis mache, schließlich sind Irina und Sokrates Figuren aus einem Roman, die in SL nur eine neue Heimat und neues Leben gefunden haben. Aber er trägt eben nicht auf der Stirn geschrieben, dass ihn eine Frau steuert. Neulich hatte Sokrates eine Unterhaltung mit einer Frau, die sich enttäuscht zeigte, als sie erfuhr, dass dahinter eben kein Mann steckt, obwohl es für den Gesprächsinhalt nicht relevant war. Sie beklagte sich darüber, dass so viele “Alts” unterwegs wären und sie nie wisse, wer dahinter stecke. Ich versuchte ihr dann zu vermitteln, dass sie das auch nicht wisse, wenn der Avatar das gleiche Geschlecht wie der “Puppenspieler” habe, und nicht mal dann, wenn der Avatar das gleiche Aussehen hätte wie der “reale” Mensch.

Wie sich das anfühlt, wenn man mit jemandem spricht, dessen Avatar ein anderes Geschlecht hat als die steuernde Person, habe ich dann heute erlebt, als ich von jemandem per Instant Message (also ohne den Avatar zu sehen) angechattet wurde, den ich zunächst für einen Mann hielt. Ein Blick ins Profil zeigte aber eine Frau, was mich überraschte, obwohl er nichts gesagt hatte, was Rückschlüsse aufs Geschlecht zugelassen hätte. Ich habe mich dann mit dieser Frau und einer Mitarbeiterin von ihr intensiv unterhalten (es ging um ein mögliches gemeinsames Projekt), mit dem Gedanken im Hintergrund, dass es sich um Frauen handelt.

Später erfuhr ich dann auf Rückfrage, dass hinter den beiden Frauen Männer stecken. Und plötzlich fühlte sich die Unterhaltung anders an und verlief (gefühlt) auch anders – weder besser noch schlechter, aber anders. Es fällt mir schwer, die richtigen Worte zu finden, aber es macht einen Unterschied. Der Unterschied ist allerdings nicht wirklich relevant, solange der Kontakt nur innerhalb der virtuellen Welt (und ohne Voice Chat) stattfindet. Mir wurde in diesem Gespräch nur bewusst, wie wenig geschlechtsspezifisch die Äußerungen der beiden waren, und das wiederum fand ich durchaus positiv. Vielleicht würde es uns allen guttun, öfter mal wenigstens in der Virtual Reality die Welt durch die Augen des anderen Geschlechts zu sehen, vielleicht fiele es uns dann auch leichter, Menschen primär als Menschen und nicht als Männer oder Frauen zu sehen, gerade im virtuellen Raum, wo solche Unterscheidungen gar nicht wichtig sind.

[2008-03-24 22:01 | | ]
[Kat. | Tags: ]

  1. Claudia    2008-03-25 20:29    #

  2. Olivia    2008-03-26 11:35    #

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